Kurze Geschichte der Gewürze

Die Geschichte der Gewürze ist eine Geschichte der Menschheit. Zu den ältesten Belegen gehören Funde aus der Jungsteinzeit am Bodensee und in den ecuadorianischen Anden. Später nutzten die Hochkulturen überall auf der Welt wild wachsende Gewürzpflanzen in ihren Ursprungsgebieten: zum Heilen von Krankheiten, für Magie und kultische Gebräuche, zum Haltbarmachen und zum Würzen. Eindrucksvoller Beleg aus dem alten Ägypten ist eine Papyrusrolle mit 877 Rezepten. Demnach dienten unter anderem Anis, Fenchel, Koriander, Kümmel, Minze, Safran, Thymian und Wermut zum Verfeinern von Speisen. Zu dieser Zeit gab es bereits arabische Händler, die sich ganz auf den Gewürzhandel spezialisiert hatten. So gelangten Gewürze aus Indien und China über Karawanenstraßen oder Seewege entlang der Küsten in den Mittelmeerraum.

Im antiken Athen und Rom waren Zimt, Kardamom, Langer Pfeffer, Nelken und Muskatnüsse vornehmer Luxus, den sich nur die reichsten Häuser leisten konnten. Das demonstrierte man durch regelrechtes Überwürzen und andere Verwendungszwecke. So diente Zimt als Parfum oder Räucherwerk zur Beschwörung der Götter. Kaiser Nero ließ zu Ehren seiner verstorbenen Ehefrau Poppäa sogar Zimtfeuer in den Straßen der Stadt abbrennen.
Mit der Ausweitung des Römischen Reichs über die Alpen nach Norden gelangten die exotischen Gewürze nach Mitteleuropa. Auch hier sorgten hohe Preise dafür, dass Gewürze lange Zeit ein Privileg von Adligen, hohen Geistlichen und reichen Patriziern blieben. So begleiteten Anis, Gewürznelken, Ingwer, Pfeffer, Muskat und Zimt die Gänge eines mittelalterlichen Gastmahls – je reicher der Gastgeber, desto üppiger ihr Einsatz. Gewürze sollten das Essen verfeinern, die Verdauung anregen und den Durst für die anschließenden Trinkgelage fördern.

Christoph Columbus und Vasco da Gama


Um die große Nachfrage nach Gewürzen zu stillen und die extrem kostspielige Marktmacht der Händler zu umgehen, machten sich gegen Ende des 15. Jahrhunderts die Europäer selbst auf die Suche. Dabei entdeckte der Spanier Christoph Columbus 1492 nicht Indien mit seinen Pfefferreichtümern, sondern Amerika und brachte von dort Piment, Chilis und Vanille nach Europa. Den Seeweg zur indischen „Pfefferküste“ fand erst 1498 der Portugiese Vasco da Gama. Damit leitete er die höchste Blütezeit des europäischen Gewürzhandels ein. Gewürze wurden nun erschwinglicher und waren nicht mehr nur der hohen Gesellschaft vorbehalten.
Hundert Jahre lang lagen die bedeutendsten Anbaugebiete exotischer Gewürze in den Kolonien der Portugiesen. Von Lissabon aus beherrschten sie den lukrativen Gewürzhandel. Später übernahmen die Holländer nach blutigen Auseinandersetzungen die Vorherrschaft. Noch rigoroser als zuvor kontrollierten sie Anbau, Ernte und Handel. Sie zerstörten Plantagen und verlegten sie in besser zu überwachende Anbaugebiete. Auf Schmuggel von Pflanzen stand die Todesstrafe. Dennoch gelang es den Franzosen ab der Mitte des 18. Jahrhunderts mehrfach, Nelken- und Muskatnussbäume zu rauben und erfolgreich auf ihren Besitzungen im indischen Ozean anzubauen.

Bald drängten auch die Engländer ins Geschäft und vertrieben die Holländer aus Ostasien. Lange Zeit hielten nun sie die Fäden in der Hand und zogen den größten wirtschaftlichen Nutzen aus dem Anbau und Handel mit Gewürzen. Doch durch die Ausweitung des weltweiten Anbaus und den sich entwickelnden Weltverkehr ließ sich die Nachfrage allmählich überall befriedigen und zerfielen schließlich die Handelsmonopole.
Parallel dazu bauten die Mönche im Mittelalter in ihren Klostergärten einheimische Kräuter an, in erster Linie jedoch als Heilkräuter. Durch regen Austausch untereinander gelangten sie außerdem an ursprünglich mediterrane Pflanzen wie Fenchel, Liebstöckel, Rosmarin und Salbei, die hinter den geschützten Klostermauern gut gediehen. Diese und viele weitere Kräuter finden sich in der gesetzesähnlichen Vorschrift „Capitulare de villis“ von Karl dem Großen (747 bis 814). Sie regelte genau, welche Pflanzen Krongüter und Klostergärten enthalten sollten, um die Versorgung von Karl und seinem Hofstaat sicherzustellen.

Hildegard von Bingen


Eine herausragende Rolle in der Geschichte der Kräuter und Gewürze spielte die Benediktinerin Hildegard von Bingen (1089 bis 1179). Sie sammelte Erfahrungen im Gartenbau und in der Krankenpflege, übernahm das Heilwissen der antiken Ärzte und studierte selbst die Effekte von vielen Kräutern und Gewürzen. Aus den Klostergärten fanden sie den Weg in die Burggärten und wurden so der weltlichen Schicht zugänglich. Mit dem Verfall der Preise für exotische Gewürze konzentrierte sich auch der Adel zunehmend auf einheimische und mediterrane Kräuter. Statt maßlos zu würzen, setzten französische Köche auf den maßvollen Einsatz frischer Kräuter in der feinen Küche.