21.08.2020

Position des Fachverbandes der Gewürzindustrie zur menschenrechtlichen Verantwortung in globalen Lieferketten

(Bonn, 21. August 2020) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) haben ein gemeinsames Papier mit dem Titel "Entwurf für Eckpunkte eines Bundesgesetzes über die Stärkung der unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in globalen Wertschöpfungsketten (Sorgfaltspflichtengesetz)" vom 10. März 2020 verfasst.

Die deutsche Gewürzindustrie bekennt sich als Verwender einer Vielzahl von Kräutern und Gewürzen aus den unterschiedlichsten Erdteilen zu ihrer gesellschaftlichen Verantwortung für eine nachhaltige Erzeugung. Nachhaltigkeit bedeutet, soziale, ökologische und wirtschaftliche Aspekte dauerhaft in Einklang zu bringen. Vor diesem Hintergrund teilen die Unternehmen der Gewürzindustrie die Ziele des Eckpunktepapiers uneingeschränkt, weisen aber hinsichtlich der geplanten Umsetzung in Form eines Sorgfaltspflichtengesetzes auf folgendes hin:

In einem gemeinsamen Binnenmarkt sollten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine einheitliche Strategie verfolgen, um die Einhaltung der menschenrechtlichen Verantwortung gemäß den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte bis in die Ursprungsländer durchzusetzen. Hierfür unerlässlich ist ein stärkerer politischer Druck gegenüber den Ursprungsländern. Dieser Druck kann von den Unternehmen der Gewürzindustrie allein nicht aufgebaut werden.

Für die deutsche Gewürzindustrie ist es nicht nachvollziehbar, dass nur in Deutschland ansässige Unternehmen mit „Steuerungsentscheidungen“ von einem Sorgfaltspflichtengesetz und der damit einhergehenden Haftung betroffen sein sollen, Zulieferer aus dem europäischen Ausland aber nicht. Dies führt zu einer klaren Wettbewerbsverzerrung, verbunden mit der möglichen Verlagerung von Geschäftstätigkeiten ins Ausland.

Eine gesetzliche Regelung zu „Sorgfaltspflichten“ muss schon begrifflich dem Grad der Einflussmöglichkeiten eines Unternehmens entsprechen. Die meisten Unternehmen der Gewürzindustrie kaufen die Gewürze nicht direkt in den Ursprungsländern, sondern bei Importeuren. Damit sind die Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten auf die gesamte Lieferkette sehr eingeschränkt. Es muss sichergestellt sein, dass Unternehmen ihre Verpflichtungen nach den UN-Leitprinzipien und damit auch nach dem NAP bereits dann erfüllen, wenn sie ihre Vorlieferanten vertraglich zur Einhaltung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten verpflichten und beim Bekanntwerden von Verstößen entsprechend reagieren. Es entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, unübersehbare und nicht beherrschbare Haftungsrisiken für die Unternehmen zu vermeiden.

Die meisten Gewürze werden in kleinbäuerlichen, ländlichen Strukturen angebaut und geerntet; sie gelangen erst über mehrere Zwischenhändler oder Kooperative zum Exporteur. Damit nennenswerte Mengen an Gewürzen zusammengetragen werden, sind die Gewürzverarbeiter auf das Zusammenspiel vieler Kleinbauern und Händler angewiesen. In den Herkunftsregionen stellt der Gewürzanbau eine wichtige Einkommensquelle für viele Familien dar, die aus Sicht des Fachverbandes auch in Zukunft gesichert bleiben muss. Die Situation der Menschen vor Ort wird sich nicht verbessern, wenn sich Kunden aus diesen Ländern aus Angst vor Haftung zurückziehen oder auf große, leichter zu überwachende Wirtschaftseinheiten bestehen.

Die Komplexität der Rohwarenbeschaffung in der Gewürzindustrie wird durch die folgende Infografik verdeutlicht. Dabei ist sich die Gewürzindustrie ihrer Verantwortung für eine nachhaltige Erzeugung, aber auch ihrer eingeschränkten Einflussmöglichkeiten bewusst. Von den Entscheidungsträgern in der Politik fordert die Gewürzindustrie maßvolle Schritte in einem gesamteuropäisch abgestimmten Rahmen, der die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen auch in Zukunft gewährleistet.

Label_BildvergroessernGewürze und ihre Anbaugebiete, Bild 1024*731 Download (8,72 MB)